Hier mal meine Erfahrungen wie man vorgehen kann um einen neuen Zylinder so einzubauen damit er möglichst lange hält und keine Fehler passieren.

Der Zylinder ist da, Hurra, gleich aus der Packung und schnell reinbauen, mann will ihn ja am Wochende gleich ausprobieren, doch halt da haben wir schon den ersten Fehler gemacht, gut Ding will Weile und Ruhe haben, dann klappt das auch mit den vielen Kilometern

Also, Zylinder und Teile aus der Packung, überprüfen ob Alles dabei ist, erstmal 'trocken' montieren, so läßt sich leichter festellen ob noch Grate oder Verarbeitugnsfehler existieren.

1. Gang:
Mit sauberen Finger die Laufbahn des Zylinders abfahren, so spürt man ob und wenn wo noch Grate vorhanden sind, sollten sich solche finden, mit feinem Naßschleifpapier (280er oder Feiner) die Grate im stumpfen Winkel brechen, Gleiches mit dem Kolben, danach Zylinder und Kolben mit Benzin auswaschen. Auch die Dichtflächen am Zylinder auf Grate oder tiefe Kratzer untersuchen.

2. Gang:
Kolbenring/e montieren und etwas wackeln und drehen.
Achtung!! bei manchen Kolbenringen ist es wichtig sie nicht verkehrt herum einzubauen, die gerade Seite des Rings muss zur Welle zeigen, auch gibt es Ringe die für die Erhöhung (Stift) in der Kolbenringnut auf einer Seite eine Einkerbung, auch da ist darauf zu achten die nicht verkehrt herum einzubauen.
Kolbenbolzen mal einsetzen und auch Nadellager auf Kolbenbolzen stecken und drehen, so sieht man ob hier nicht vielleicht doch etwas Spiel ist, da es verschiedene Nadellager gibt und nicht Jedes an Jedem Bolzen paßt.
Kolbenclips zur Probe montieren, das hat auch den Vorteil das man sie dann beim 'ernsten' Einbau leichter reinbringt, und zwei bis dreimal in der Nute ganz herumdrehen, so setzen sie sich und man kann sicher sein das sie nicht rauspringen werden, einen Clip kann man dann gleich drin lassen, bei vielen Piaggio Modellen vorzugweise den, in Pfeilrichtung auf den Kolben gesehen, Linken.
Gummi-Dichtungen , fals vorhanden, einsetzen (ich fixiere sie immer mit etwas Spucke ) und schauen ob sie sich setzen oder etwa wieder rauspringen.

3. Gang:
Alten Zylinder abbauen und dann ab, um sich die Hände zu waschen und ein sauberes (!!) Tuch zu holen, das man dann etwas in Benzin tränkt um die Dichtfläche am Block sauber zu reinigen.
Nun die neue Fußdichtung leicht beiseitig mit Öl (egal Welches nur kein Altöl) einstreichen und vorsichtig aufsetzen, bei sehr dünnen Dichtungen z.B. für High End Zylinder ist es empfehlenswert diese Beidseitig dünn mit Würth Gehäusedichtmasse zu bestreichen, da dann die Abdichtung besser gewährt ist.
Die Fußdichtung hackt gern etwas an den Bolzen, keine Gewalt anwenden so eine Dichtung ist schnell hin und oft nicht gleich eine Neue zur Hand! Nadellager mit Getriebeöl einstreichen und in das Pleul einsetzen, vorher mit einem Lappen das Kurbelgehäuse etwas abdecken sonst "Na wo ist das Lager den nun hingefallen?" Ratet mal wohin

4. Gang:
Kolbenbolzen mit Getriebeöl einölen und soweit in den Kolben stecken das er Innen noch nicht rauschaut, geht er nicht mehr rein, dann auf der anderen Seite versuchen in der man den Clip noch nicht montiert hat (Siehe Oben)
Kolben einölen und Kolbenringe vorsichtig montieren, man sollte sich da ruhig Zeit lassen den die Enden der Ringe können leicht scharfe Kratzer in den Kolben bringen.
Kolbenringe dann schon mal Proforma in die richtige Stellung bringen, Ringöffnung an die Stelle an der in der Kolbennut eine Erhöhung/Stift ist.
Das Pleul sollte in einer Stellung OT sein also so weit wie möglich rausschauen.
Nun den Kolben so auf das Pleul schieben, das der Pfeil auf den Kolben zum Auslas zeigt, ist kein Pfeil vorhanden, die kleine Erhöhung in der Kolbennut, also wo auch die offene Stelle der Kolbenring/e ist muss vom Auslas weg zeigen.
Nun mit etwas wackeln und drücken den Kolbenbolzen reinschieben, das kann oft etwas dauern, nur nicht die Geduld und die Nerven dabei verliehren irgendwann ist er drin
Den Bolzen nun z. B. mit einem breiten Schraubenzieher soweit reidnrücken bis er an den Clip auf der anderen Seite ansteht.

5. Gang (Die Nerven Prüfung):
Achten das der Lappen mit den man das Kurbelgehäuse und, fals vorhanden, den Ausgang der Wasserpumpe abgedeckt hat wirklich so liegt das auch kein kleines Teil in's Kurbelghäuse fallen könnte.
Den zweiten Clip nun mit einer Spitzzange nehmen und vorsichtig einsetzen (das ist die Nervenprüfung ), besonders schlimm sind da die Clips die nur eine Fahne haben, die baut man am Leichtesten ein wenn man das Ende ohne Fahne in die Nut setzt und dann mit leichter Drehbewegung die Fahnenseite reindrückt.
Leichter ist es wenn nicht schon dabei, sich Clips mit zwei Fahnen zu besorgen, bei diesen aber aufpassen das man sie beim Einbau nicht zu sehr zusammendrückt, denn dann läßt ihre Spannung nach und sie können auch wenn sie richtig eingebaut wurden im Betrieb rausfallen.
Ist der Clip drin, ihn mit einem Schraubenzieher etwa zwei bis dreimal drehen, nur so kann man sicher sein das er sich in der Nut wirklich gesetzt hat.

6. Gang:
Nun kann der Lappen weg, die Laufbahn des Zylinders mit Getriebeöl einölen, besser vorher wieder die Hände waschen
Die Kurbelwelle drehen so das der Kolben etwa 3/4 auf OT steht, also nicht ganz so weit heraussteht wie möglich.
Nochmal kontrollieren ob die Ringöffnungen auch an der Erhöhung in der Ringnut stehen.
Zylinder auf die Stehbolzen führen und mit der andere Hand Kolben gerade halten und Ring/e zusammendrücken (Joga Gurus sind hier klar im Vorteil ). Nun Kolben leicht wackeln und Zylinder vorsichtig draufschieben, gerade bei Grauguß Zylindern und Kolben mit zwei Ringen braucht das machmal seine Zeit, lieber mal ne Pause machen und neu Ansetzen als mit Gewalt, Irgend wann rutsch dann der Kolben schon über die Ringe, will er Partou nicht, Nochmal den Zylinder abziehen und nachsehen ob sich nicht vielleicht die offene Stelle der Ringe verschoben hat.

7. Gang:
Ist der Zylinder dann endlich drauf, wird der Kopf, oder bei manchen Zylindern Kopf und Kalotte aufgesetzt, bei Zylindern mit den zweiteiligen Kopf darauf achten das alle Gummidichtungen die dort hingehören auch zwischen Kopf und Kalotte eingsetzt wurden.
Viele Zylinderköpfe, gerade die von LC Modellen haben einen Gummiring der den Kopf nach Aussen hin abdichtet, diese Ringe haben bei manchen Modellen die unangenehme Eigenschaft leicht aus der Führung zu springen, also beim Aufsetzen des Kopfes gut drauf Achten, das der Gummiring in der Führung bleibt!

8. Gang:
Nun die vier Schrauben die den Zylinder halten ansetzen und mit Hand festziehen, dann mehrmals über Kreuz mit Schlüssel oder Ratsche anziehen, sie solten mit 10 - 12 nM angezogen werden, dazu ist keine große Kraft nötig, also sehr bedacht anziehen, mit einer mittleren Standardratsche ist das etwa der Kraftaufwand den man benötigt um eine 10 Liter Kanister hochzuheben, also etwas weniger wie das heben eines vollen Bierkastens

Nur zur Anmerkung: in Europa hat sich leider die unsinnige Bezeichnung Kilogramm und in den USA/England die Bezeichnung Pound (435 Gramm) durchgesetzt, verständlicher aber für die breite Masse wäre 'Bierkästen mit x vollen Flaschen' als nachvollziehbare Gewichtseinheit Weltweit

9. Gang:
Kerze reinschrauben, bei LC noch Temperaturfühler und Wasserschlauch anschliessen.

10. Gang (Nur LC):
Kühlkreislauf entlüften, ist keine spezielle Schraube dafür am Kopfdeckel oder an Wasseranschluss am Kopf, dann die Schelle die den Wasserschlauf auf den Zylinder fixiert etwas lösen und Wasser auffüllen, dann die Entlüftungschraube rausdrehen bis keine Luft mehr kommt, oder fals die nicht vorhanden am Schlauch wackeln bis kein Gluckern mehr zu hören ist und auch keine Luft mehr bei der Schelle austritt, ein paarmal Kicken (zur Entlüftung der Wasserpumpe) und den Vorgang wiederholen, dann Schelle oder Schraube wieder zuziehen.

Zum Einfahren wäre noch zu sagen, einen kleinen Schluck Öl in den Tank geben, etwa 5 - 10 Minuten warmlaufen lassen, dann abstellen, wenn er etwas abgekühlt ist wieder anlassen und kurz warmlaufen, dann kann die erste Fahrt beginnen Nur für den noch im Tank befindlichen Sprit Öl zugeben, beim nächsten Tanken Nichts mehr zugeben.

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